Traditionelle Nutzung von Bienen in Guinea-Bissau
Guinea-Bissau, ein kleines Land an der Westküste Afrikas, zwischen Senegal und Guinea gelegen, war bis 1973 portugiesische Kolonie. An den Folgen des Befreiungskampfes, dessen Führer Amilcar Cabral Anfang 1973 von Unbekannten erschossen wurde, hat das Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, bis heute zu leiden.
Es herrscht tropisches Klima mit einer ausgeprägten Trockenzeit zwischen November und Mai. Primärer Regengrüner Wald ist kaum mehr vorhanden; große Teile des Landes sind von extensiv genutzten Kashew-Plantagen eingenommen, die Niederungen werden zum Reisanbau genutzt. Weitere landwirtschaftliche Produkte sind Erdnüsse, Hirse, Mango sowie verschiedenste sonstige Gemüse und Früchte.
Flussaue bei Bissora mit Reisfeldern, dahinter Kashew-Plantagen; im Vordergrund Mangrovenreste.
Bei unserer 14-tägigen Exkursion konnten wir Anfang Januar 2010 in Guinea-Bissau verschiedene
Bienen-"Beutenhalter" bei Bissora und Ingoré bzw. Honigjäger auf der Insel Bubaque besuchen und uns über
ihre Bewirtschaftungsweise der Bienen informieren. Dabei fanden wir große Hilfe und Unterstützung durch
Jasmina & José Barckhausen vom Weltfriedensdienst, deren Wohnung in Bissau zu unserem Basislager
wurde. Georgi, Dino Touré, Sadialion Sow und Abu Mané aus Bissora sowie George Queba Sintra von Bubaque
nahmen uns gastfreundlich auf und begleiteten uns auf unseren Ausflügen in die verschiedenen Dörfer, in
denen Bienenhalter lebten. Carsten Wilk aus Bissau schreinerte uns die Transportkisten für die beiden
traditionellen Bienenkörbe, die nun unser Museum bereichern. Ihnen allen sei hiermit nochmals herzlich
gedankt.
Auffällig war, dass wir in jedem Dorf, in dem sich ein oder mehrere Beutenhalter fanden, eine etwas
andere Methode der Beutenherstellung und Ausbringung vorfanden. Letzteres richtet sich nach dem
regionalen Trachtangebot. Ca. 6 km nördlich von Bissora gab es drei Dörfer, in denen die Bienen noch in
Klotzbeuten, also ausgehöhlten Baumstämmen, gehalten wurden. Die Stämme sind aus einem schweren,
termitenfesten Holz geschnitten und werden in Astgabeln ausgebracht. Honig wird hier einmalig im Mai
geerntet.
Aus Stroh geflochten und dem Bast von Palmblättern gebunden werden diese Strohbeuten in einem Dorf
ca. 15 km nördlich von Bissora. Die Beuten werden Ende Februar in der Umgebung des Dorfes in hohe Bäume
gehängt. Zu dieser Zeit schwärmen die wild lebenden Bienenvölker und besetzen diese Nisthilfen
bereitwillig. Ende Mai werden sie dann geerntet, d.h. nachts ausgeräuchert und ohne Bienen mit ins Dorf
genommen, wo die Honig- und Brutwaben geerntet werden. Von Juni bis zum nächsten Februar bleiben die
leeren Beuten dann unter dem Vordach der Wohnhäuser hängen, bis sie wieder eingesetzt werden. Der
afrikanische Bienenhalter in diesem Dorf wird 2010 seine "Imkerei" altershalber aufgeben und seine 40
Beuten an seinen Sohn im Nachbardorf weitergeben.
Nahe der Grenze zu Senegal, bei Ingoré, befindet sich dieses Dorf, in dem die afrikanischen
Beutenhalter Beuten nutzen, die ganz aus den Blattrippen und dem Bast von Palmen hergestellt sind. Von
einem ca. 50 x 50 cm großen Deckel verjüngen sich die quadratischen Beuten nach hinten konisch und sind
mit einem festen Boden versehen, in den ebenfalls ein kleines Ausflugloch eingelassen ist. Diese Beuten
werden bereits Anfang Februar ausgebracht in hohe Bäume, von denen sie Ende Mai - ebenfalls nachts mit
Rauch - bienenfrei gemacht und wieder ins Dorf gebracht werden zur Honigernte.
Typischer Bienenbaum bei Olossato, ca. 20 km nördlich von Bissora mit drei defekten Beuten; die leeren Beuten werden hier Mitte März ausgebracht und im Juni beerntet.
Gegenüber der modernen Imkerei mit Ganzrähmchen benötigt man bei den Kenya Top Bar Hives nur
Auflageleisten. Durch die konische Form bauen die Bienen die Waben nicht an den Wänden an, was die
Honigernte deutlich erleichtert. Die Beuten müssen aber genau gearbeitet sein, wozu Maschinen nötig
sind. In verschiedenen Projekten wurde versucht, den Beutenhaltern in Guinea-Bissau diese Beuten
schmackhaft zu machen. Doch die traditionellen Beuten sind ohne Maschinen und ohne Kapital herzustellen,
meist leichter und schnell zu ersetzen. So verschwinden diese Projektruinen nach und nach sang- und
klanglos.
Auch auf der Insel Bubaque haben Franzosen vor ca. 15 Jahren ein Projekt zur Bienenhaltung ins Leben gerufen. Bei unseren Ausflügen auf der Insel mit George Queba Sintra fanden wir gerade noch zwei halbwegs intakte Top Bar Hives, von denen einer sogar noch besetzt war mit Bienen.
Bisher nicht bekannt bei der Honigbienenart Apis mellifera: der freiwillige Nestbau außerhalb von Hohlräumen.
Bemerkenswert aber war, dass die meisten wild lebenden Bienenvölker nicht in Höhlen lebten, sondern
ihre Waben frei an starken Ästen größerer Bäume gebaut haben. Rechts ist ein solches Bienenvolk zu
sehen, das vermutlich von einem Schwarm im März 2009 gebildet wurde und nun die Regenzeit sowie die
ersten, noch trachtarmen Monate der Trockenzeit sichtlich gesund überlebt hat. Mit der nun einsetzenden
Trachtzeit wird es sich prächtig entwickeln und neben vielen Schwärmen auch eine gute Honigernte bieten.